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Stell dir vor, du möchtest ein Haus bauen. Du hast das beste Material und die neuesten Werkzeuge, aber ohne einen klaren Bauplan und festgelegte Verantwortlichkeiten bleibt alles Theorie. Ein skill-basierter Governance-Ansatz in Unternehmen funktioniert genauso: Es braucht klare Prozesse und Verantwortlichkeiten, um Skills effektiv zu managen und Agilität zu sichern. Doch wie lässt sich das erfolgreich umsetzen?
Die präzise Verwaltung von Skills ist das Fundament einer agilen, leistungsfähigen Organisation. Skill Governance schafft die Struktur, um auf Veränderungen zu reagieren und neue Herausforderungen zu meistern. Dieser Blog gibt einen Überblick über die entscheidenden Elemente eines erfolgreichen Skill-Governance-Ansatzes.
Skill Governance ist mehr als nur ein Schlagwort. Sie beschreibt den strukturierten Prozess der Planung, Implementierung und Überwachung von Maßnahmen zur Verwaltung von Skills und Anwendungsfällen in einer Organisation. Ein durchdachter Ansatz ist essenziell, um sicherzustellen, dass die Datenqualität gewährleistet ist und Skills objektiv gemessen werden können. Nur so können HR-Prozesse effektiv gesteuert und eine hohe Agilität im Unternehmen beibehalten werden.
Aber warum ist das wichtig?
Welches Problem hat ein Unternehmen, das sich nicht mit Governance beschäftigt? Ein kohärentes Skill-Governance-Framework definiert die Rollen, Verantwortlichkeiten, Kommunikation, Prozessschritte und Schulungen im Skill-Management.
Wenn keine Rollen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen definiert sind, die sich um die fortlaufende Kuratierung und Qualitätssicherung von Skills kümmern, oder ExpertInneninput geben, wird die Datenlage schnell obsolet oder durch falsche Daten kompromittiert. Dadurch wird der Erfolg von Anwendungsfällen in Gefahr gebracht, die auf Skills basieren. Zum Beispiel würde die Qualität von Lernempfehlungen basierend auf Skill-Gaps darunter leiden, wenn die relevanten Skills im Laufe der Zeit nicht mehr gepflegt werden und ihre Aktualität verlieren.
Wenn kein dediziertes, kontinuierliches und wiederkehrendes Reporting über Skills und ihre Anwendungsfälle aufgebaut wird, werden EntscheidungsträgerInnen nicht über den Zustand der Skill-Landschaft im Unternehmen aufgeklärt, was jede weitere Expansion auf andere Geschäftsfelder oder Anwendungsfälle erschwert. Wenn ich keine informativen Kommunikationsschleifen über verschiedene Schnittstellen hinweg etabliere, fehlt Skill-ManagerInnen der Input von KollegInnen oder FachexpertInnen aus den Geschäftsfeldern.
Wenn keine einheitlichen Standards für die Beschreibung und Formulierung von Skills eingeführt werden, sind gegebenenfalls nicht alle Skills verständlich formuliert oder beschrieben, sodass sich das Risiko erhöht, dass sie falsch angewendet werden. Wenn keine regelmäßigen Schulungen existieren, können neue Governancen-Einheiten nicht im selben Grad ongeboardet werden oder es kann nicht garantiert werden, dass existierende Governance-Einheiten kompetent mit Prozessupdates im Skill-Management umgehen können.
Eine gut strukturierte Skill Governance schafft also die Grundlage, damit Use Cases erfolgreich gestaltet werden können, EntscheidungsträgerInnen aufgeklärt werden und die Organisation an entscheidenden Schnittstellen an den Prozessen mitwirkt, die eine konsistente und saubere Datenlage in der Skill-Taxonomie gewährleisten.
Wie sieht aber nun ein effektiver Ansatz in der Praxis aus? Zunächst gibt es zwei grundsätzliche Modelle zur Implementierung einer Skill Governance: das zentrale und das dezentrale Modell. Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile - und die beste Lösung liegt oft in der Kombination beider Modelle.
Ein zentralisiertes Modell setzt auf ein zentrales Skill-Governance-Team, das die Verantwortung für die Sicherstellung der Qualität und Konsistenz der Skills übernimmt und zudem die übergreifenden Prozesse steuert. Dieses Modell eignet sich, um Einheitlichkeit und Konsistenz in der gesamten Organisation zu gewährleisten. Es sorgt dafür, dass Skills einheitlich definiert und verwaltet werden und Skill-Beschreibungen einem gewissen Format entsprechen. Allerdings steigt die Akzeptanz erheblich, wenn MitarbeiterInnen auch selbst Skills vorschlagen können (Bottom-Up-Ansatz). Dies fördert Motivation und Engagement und sorgt dafür, dass die Skill Governance dynamisch und relevant bleibt.
Im dezentralisierten Modell übernehmen ExpertInnen aus den einzelnen Bereichen die vollständige Verantwortung für spezifische Skill-Domänen. Diese Struktur bietet Flexibilität und ermöglicht es, Skills besser an die spezifischen Anforderungen der Geschäftsbereiche anzupassen. Dies führt zu einer höheren Relevanz der Skills für die jeweiligen Aufgabenbereiche.
Das beste Modell ist eine Kombination aus beiden Ansätzen. Ein hybrider Ansatz kombiniert die Stärken beider Modelle: die zentrale Governance-Einheit übernimmt die Verantwortung für die Qualitätssicherung der Skill-Daten, führt regelmäßige Reports durch und sorgt durch gezielte Schulungen dafür, dass alle MitarbeiterInnen einheitliche Standards einhalten. Auf diese Weise wird die Konsistenz der Prozesse sichergestellt und die Grundlage für eine effektive Umsetzung geschaffen. Zum Beispiel ist es die Hauptaufgabe der zentralen Einheit, den Zustand der Taxonomie zu analysieren, um Qualitätsstandards zu gewährleisten und eventuellen Handlungsbedarf an dezentrale Einheiten in den Geschäftsbereichen zu kommunizieren, die wiederum Skills kuratieren und pflegen. Gleichzeitig liefert die dezentrale Einheit aus den Fachbereichen wertvollen Input und spezifisches Fachwissen. Die Fachbereiche sind für die Pflege und Qualitätssicherung der Skills in ihren jeweiligen Domänen verantwortlich, was eine präzise Anpassung an die spezifischen Anforderungen der einzelnen Bereiche ermöglicht. Zum Beispiel werden relevante Aufgabenpakete zwischen den zentralen und dezentralen Einheiten abgestimmt. Diese hybride Zusammenarbeit gewährleistet eine flexible und konsistente Skill Governance, die alle Bereiche der Organisation abdeckt und auf die jeweiligen Bedürfnisse eingeht.
Eine klare Rollenverteilung ist entscheidend, um den Prozess effektiv zu gestalten.
Die zentrale Governance-Einheit ist für die Gesamtstruktur und Qualitätssicherung verantwortlich. Sie definiert Leitlinien für die Kuratierung von Skills, setzt ein vollumfängliches Reporting auf und optimiert kontinuierlich die darunter liegenden Prozesse.
Die dezentrale Governance-Einheit ist für die Pflege und Qualitätssicherung der Skills auf lokaler Ebene, etwa in einzelnen Abteilungen, zuständig. Sie sorgt für die Aktualisierung der Skill-Datenbank in ihren Themenbereichen und stimmt sich regelmäßig mit Fachexperten ab.
Eine effektive Methode, um Verantwortlichkeiten und Prozessschritte zu klären, ist die Verwendung einer RACI-Matrix. Diese Methode hilft dabei, Rollen und Prozessschritte eindeutig zu definieren und zuzuweisen. Eine RACI-Matrix ist ein Werkzeug im Projektmanagement, das dazu dient, Rollen und Verantwortlichkeiten klar zu definieren und zuzuweisen. Das Akronym RACI steht für:
Um Skill Governance erfolgreich in eine Organisation zu integrieren, gibt es einige Best Practices, die eine strukturierte und effektive Umsetzung sicherstellen.
Klare Aufarbeitung von Prozessschritten und Zuweisung von Verantwortlichkeiten
Ein zentraler Aspekt ist die klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten für die Prozessschritte zu definieren, die für ein gut funktionierend Skill-Management wichtig sind (z.B., Kuratierung von Skills nach einem entsprechendem Format, regelmäßige Qualitätsprüfungen, regelmäßiges Reporting). Hierbei kommt die bereits erwähnte RACI-Matrix (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) ins Spiel. Dieses Modell hilft, Rollen und Prozessschritte präzise zu definieren (siehe Beispiel unten). Ein sogenanntes Stakeholder Mapping hilft, Personen oder Personengruppen initial zu identifizieren, die für die RACI-Matrix in Frage kommen.
Kontinuierliche Schulung und Unterstützung
Ein weiteres wichtiges Element ist die kontinuierliche Schulung und Unterstützung der MitarbeiterInnen. Dies ist notwendig, damit alle Beteiligten die Anforderungen der zentralen Governance-Einheit verstehen und in der Praxis auch umsetzen können.
Technologische Unterstützung
Darüber hinaus ist die technologische Unterstützung ein entscheidender Faktor. In einem Pilotprojekt kann eine Governance-Struktur durchaus erst einmal mit Excel-Daten aufgebaut werden. Bei einer Skalierung ist der Einsatz von Plattformen zur effizienten Pflege und Verwaltung der Skill-Datenbank jedoch unerlässlich. Moderne Technologien, insbesondere Künstliche Intelligenz, können wertvolle Unterstützung bieten, indem sie durch Automatisierungen den manuellen Aufwand verringern und die Präzision sowie Konsistenz in der Skill-Verwaltung steigern. Zudem liefern zahlreiche Tools wertvolle Analytics-Funktionen, die wissenswerte Statistiken über (neu) kuratierte Skills liefern, die für ein informatives Reporting wichtig sind.
Frühzeitige Einbindung von Stakeholdern
Eine weitere Best Practice ist die frühzeitige Einbindung von Stakeholdern, insbesondere funktionaler Führungskräfte und MitarbeiterInnen. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die definierten Skills relevant und auch anwendbar sind. Regelmäßiges Feedback der MitarbeiterInnen spielt auch hier eine entscheidende Rolle, um die Wirksamkeit der definierten Skills kontinuierlich zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Beispiel: Einführung eines Skill-Governance-Frameworks für ein mittelständisches Unternehmen in der IT-Beratung
Wie könnte die Einführung einer Skill-Governance in der Praxis aussehen?
Betrachten wir das fiktive Unternehmen IT-Solutions, das IT-Beratung für Cloud-Lösungen anbietet. Hier die generellen Daten zum Unternehmen:
Warum braucht IT-Solutions ein Skill-Governance Framework? Susanne K. hat bereits eine Skill-Datenbank und Skill-Profile in den Geschäftsbereichen Vertrieb & Marketing sowie Geschäftsführung & Verwaltung aufgebaut, damit das Personal anhand von Skill-Profilen und Skill-Gaps Weiterentwicklungsempfehlungen auf der Lernplattform bekommt. Zudem soll perspektivisch ein Talent Marketplace aufgebaut werden, der transparent macht, welche internen Positionen und Projekte bestimmte Skill-Bedarfe haben, und welche Personen gut von ihrem Skill-Profil aus passen könnten. Das ist sinnvoll, da insbesondere im Geschäftsbereich PMO & Beratung eine hohe Fluktuation vorherrscht und temporär das Personal oft in Parallelprojekten aushelfen muss. Susanne K. möchte nun ein Skill-Governance-Framework einführen, bevor sie die Prozesse in der ganzen Organisation skaliert, um die Qualität der Initiativen zu gewährleisten.
Dafür hält sie drei Workshops, um mit relevanten Stakeholdern die Verantwortlichkeiten, Prozesse und Skalierungsschritte festzulegen. Integraler Teil der Workshopreihe ist eine RACI-Matrix, die die relevanten Prozessschritte und Verantwortlichkeiten definiert, um das jeweilige Personal zuzuordnen.
In einem ersten Workshop definiert man zuerst in einer Brainstorming-Session die relevanten Aufgaben und Prozessschritte und welches Personal dafür in Frage käme (z.B., durch ein Stakeholder Mapping). In einem zweiten Workshop definiert man, wer welche Verantwortlichkeiten und Rollen innehat. In einem dritten Workshop definiert man die Zeitachse für den weiteren Rollout und wann welche Aufgabenbereiche relevant werden.
Exemplarisch haben wir eine dementsprechende RACI-Matrix definiert:
In der Matrix sind in der linken Spalte die relevanten Prozessschritte und in der oberen Spalte die relevanten Personen/Personengruppen definiert.
Die Aufgabenbereiche in der linken Spalte der Matrix umfassen zentrale Schritte im Skill-Management-Prozess:
Zum Beispiel ist für die kontinuierliche Skill-Kuratierung in den Fachbereichen die jeweilige Personalreferentin aus den Bereichen verantwortlich. Sie agieren im Tandem mit DomainexpertInnen (die dezentrale Governance-Einheit), die fachlichen Input zu den Skills und den Beschreibungen geben sollen. Monatlich führen die Personalreferentinnen eine Qualitätsbewertung durch, überprüfen Skills nach ihrer Aktualität und informieren die Skill-Managerin Susanne K. (die zentrale Governance-Einheit) über signifikante Aktualisierungen. Susanne K. wiederum ist für die Anbindung an Anwendungsfälle verantwortlich und für ein dediziertes Reporting zuständig, das das Unternehmen quartalsweise über den Zustand der Skill-Landschaft informiert.
Die Verantwortlichkeiten und Initiativen können nun in einem dedizierten Projektplan sukzessive ausgerollt werden.
Eine effektive Skill Governance beginnt mit einer gründlichen Analyse des bestehenden Systems und der klaren Definition von Verantwortlichkeiten. Der hybride Ansatz, der eine zentrale Steuerung sowie dezentrale Expertise kombiniert, erweist sich dabei häufig als die beste Lösung. Diese Kombination stellt sicher, dass sowohl Konsistenz als auch Flexibilität gewährleistet sind und die Skills im Unternehmen stets aktuell, relevant und einheitlich gemanagt werden.
Checkliste für den Aufbau eines erfolgreichen Skill-Governance-Modells:
edyoucated wird von führenden Forschungseinrichtungen wie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.