Veröffentlicht am

17.2.2023

Agiles Lernen im Unternehmen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

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Marius Vennemann

Managing Director

Kategorie:

Learning Hub

Lesezeit

10

Minuten
Eine Gruppe, die agiles Lernen praktiziert

In der Vergangenheit war die Produktion von Lernmaterialien, Lernpfaden und Trainings stets zeitaufwendig und ressourcenintensiv. In einem über Monate andauernden Prozess wurde das Training geplant, die Lerninhalte von Anfang bis Ende erstellt, um sie dann den Lernenden zur Verfügung zu stellen. Die Effektivität des Trainings konnte in der Regel erst danach evaluiert werden, und das wiederum mit sehr eingeschränkt aussagekräftigen Methoden wie “Happy Sheets”. Die Antwort auf die dynamische Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts sind damit nicht starre, traditionelle Trainingsprogramme, sondern agiles Lernen.

Was ist agiles Lernen?

Im Gegensatz zu traditionellen Lernmethoden, bei denen das Lernmaterial oft statisch ist und in festen Kursen oder Programmen präsentiert wird, ermöglicht agiles Lernen in Unternehmen eine ständige Aktualisierung des Lernmaterials und der Lernpfade, um diese auf das Vorwissen und die Bedürfnisse der Lernenden maßzuschneidern. Die Lerninhalte werden in kleinen, modularisierten Einheiten präsentiert, die es den Lernenden ermöglichen, ihr eigenes Tempo zu wählen und ihre eigenen Lernziele zu setzen.

Agiles Lernen betont auch die Bedeutung von Feedback und Zusammenarbeit. Lernende erhalten regelmäßiges Feedback von ihren Coaches, Peers und sogar von sich selbst (z.B. Selbsttests), um ihre Fortschritte zu überprüfen und ihr Lernen anzupassen. Durch Zusammenarbeit und Austausch mit anderen Lernenden können auch unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen genutzt werden, um das Lernen zu verbessern und zu erweitern.

Von traditionellem zu agilem Lernen

Wie in der Einleitung schon beschrieben war der Aufwand für das Erstellen von Lernmaterialien, Lernpfaden und Trainings enorm und hat sehr lange gedauert. Dieser rigide, langwierige Prozess von Erstellung über Durchführung zur Evaluation bietet wenig Feedback. Es dauert lange, bis Inhalte auf die durchgehend wechselnden Anforderungen der Lernenden angepasst werden. In anderen Worten, diese Form von Corporate Learning ist ineffizient.

Der Aufwand für die Erstellung der Lerninhalte ist hoch und die Lernenden müssen oft für die Trainings physisch anwesend sein. Damit sind traditionelle Lernprozesse nicht nur kostspielig, sondern können den dynamischen Anforderungen der “New Economy” kaum Stand halten.

Agiles Lernen, im Gegensatz dazu, verspricht deutlich kürzere Produktionszyklen, bei denen neu erstellte Lerninhalte direkt in bestehende Lernpfade und Skills integriert werden können, ohne auf die Fertigstellung eines gesamten Kurses warten zu müssen. Das ermöglicht ein schnelles Testen und Anpassen der Materialien in der Praxis. Kontinuierliche Feedback-Zyklen ermöglichen es außerdem, das Lernen auf die Bedürfnisse der Lernenden und der Organisation insgesamt abzustimmen.

Durch die digitale Bereitstellung der Lerninhalte können Trainings leichter in den Alltag der Mitarbeitenden integriert werden und “on demand” nutzbar gemacht werden. Der Lernerfolg kann präzise getestet werden, wodurch dynamische, bedarfsorientierte Feedback-Zyklen entstehen.

Aber gehen wir einen Schritt zurück, um agiles Lernen weiter zu verstehen.

Agilität ist eine Methode, die unter anderem im Projektmanagement verwendet wird, um schnell auf Änderungen reagieren zu können und auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Agiles Arbeiten bedeutet konkret, dass Teams in kurzen Zyklen bestehend aus Planung, Durchführung und Feedback arbeiten und damit den sich stetig wandelnden Anforderungen flexibel entgegnen können.

Ursprünglich stammen Agile Methoden aus dem Bereich der Softwareentwicklung und wurden erstmals in den 1990er Jahren von einer Gruppe von Programmierern als Reaktion auf die damals vorherrschenden starren, sequentiellen Vorgehensmodelle entwickelt. Das bekannteste agile Konzept ist das sogenannte "Agile Manifesto", das im Jahr 2001 von Vertretern der agilen Bewegung veröffentlicht wurde und heute als grundlegendes Dokument für agile Softwareentwicklung gilt. Seitdem hat sich die agile Methode auf viele andere Bereiche wie z.B. Marketing, Projektmanagement und, wie in unserem Fall, L&D ausgeweitet.

Die Anwendung der Agilen Prinzipien auf Corporate Learning war damit die Grundsteinlegung für agiles Lernen. Dieses bildet einen Lernansatz, der sich auf Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und kontinuierliches Feedback konzentriert, um schneller auf die sich ändernden Anforderungen von Lernenden und Organisation zu reagieren.

So können Sie agiles Lernen in Ihrem Unternehmen umsetzen

Abhängig von den individuellen Bedürfnissen können Organisationen sich unterschiedlich stark an agilen Prinzipien orientieren. Einige L&D Teams arbeiten beispielsweise wie agile Produkt-Teams aus der Softwareentwicklung mit Sprints und den damit verbundenen Planungs-, Umsetzungs- und Reflektionsphasen.

Doch das ist kein Muss, Sie können auch mit kleineren Schritten starten und trotzdem von agilem Lernen profitieren - insbesondere wenn agile Arbeitsweisen für Sie noch neu sind. Entscheidend dafür sind drei Bausteine: Verkürzung von Feedback-Zyklen, regelmäßiges Einholen von Feedback Ihrer Kunden (also den Lernenden) und Adaption des Lernens auf Basis dieses Feedbacks. Je strukturierter, schneller und kundennäher dies geschieht, desto besser.

Folgen Sie den folgenden 3 Schritten, um auch in Ihrem Unternehmen agiles Lernen zu nutzen.

1. Nutzen Sie zyklische Sprints aus Planung, Umsetzung und Reflexion

Der Lernprozess folgt mehreren kurzen, sich wiederholende Zyklen bestehend aus Planung, Umsetzung und Reflexion. Dabei werden die Erkenntnisse aus der jeweils vorherigen Reflexion zusammen mit neu konzipierten Anforderungen in die Planung des nächsten Zyklus einbezogen. Auf diese Weise können irrelevante Inhalte schnell ausgeklammert, fehlende ergänzt und neue, zielführendere Lernpfade eingeschlagen werden. Durch präzise Iterationen wird also eine kontinuierliche Verbesserung der jeweiligen Lernprogramme sichergestellt.

Der SCRUM-Framework

In der Regel bieten digitale Lernlösungen die Möglichkeit, das Feedback, das sich während eines Sprints ansammelt, direkt im System zu erfassen. Somit können die verschiedenen Punkte direkt für die Verbesserung im Rahmen der nächsten Iteration genutzt werden.

Screenshot von agilem Feedback

2. Richten Sie Ihr Lernangebot auf die Bedürfnisse der Organisation aus

Agiles Lernen ist bedarfsorientiert und richtet sich nach dem aktuellen oder zukünftigen Bedarf an Skills im Unternehmen. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten wo benötigt werden, ist in enger Abstimmung mit relevanten Stakeholdern zu ermitteln und transparent an die Organisation zu kommunizieren. Durch konstantes Feedback von Lernenden und betroffenen Geschäftsbereichen können außerdem die Lernpfade so abgestimmt werden, dass Mitarbeitende ihre (neuen) Fähigkeiten dort einsetzen können, wo sie gebraucht werden.

Das hat zwei Vorteile: Erstens können Organisationen durch die hohe Anpassungsfähigkeit agilen Lernens auf veränderte interne oder externe Anforderungen reagieren. Möchte beispielsweise ein Geschäftsbereich eine neue Software implementieren, können Sie flexibel und bedarfsgerecht Ihre Mitarbeitende in den dafür benötigten Projektmanagement-Skills schulen und, im zweiten Schritt, in der Nutzung der Software selbst.

Zweitens steigert bedarfsorientiertes, agiles Lernen das Engagement und die Bindung der Mitarbeitenden. Agile Lernmethoden ermöglichen eine ansprechendere und interaktivere Lernerfahrung, indem Lernende ihre eigenen Lernziele setzen können und somit in die von ihnen gewünschte Richtung wachsen können.

Welche Skills in der Zukunft am wichtigsten sein werden, finden Sie in unserem Blog zu den top Skills im Jahr 2023.

3. Machen Sie Erfolge messbar

Anhand von Feedback der Teilnehmenden die Zufriedenheit über die Trainings zu erfassen, ist eine wichtige Grundlage für kontinuierliche Verbesserung. Doch um den Erfolg von L&D-Maßnahmen holistisch zu messen, sollten Sie mehr als nur einfach Feedback sammeln.

So kann beispielsweise die Aktivierungsrate (also wie viele Lernende mit dem Training starten) die generelle Nachfrage nach dem Lerninhalt gut erfassen. In den meisten digitalen Lernprogrammen können Sie außerdem messen, zu welchen Zeitpunkten Lernende den Lernpfad verlassen, um so Aufschluss über thematische Brüche oder irrelevante Inhalte zu erhalten. Auch die Anzahl an absolvierten Abschlussquizzes (und die Quote richtiger Antworten) gibt wichtige Informationen über den Erfolg von Lerneinheiten. Mit der Messung von Kennzahlen wie der durchschnittlichen Lernzeit und der benötigten Dauer, um Lernpfade zu beenden, können Sie die Zeitplanung von Lerneinheiten weiter optimieren und so eine flüssige Einbindung in den Arbeitsalltag sicherstellen.

Anhand der verschiedenen Perspektiven auf die Lernprozesse, die diese und andere Messgrößen geben, kann das agile Lernen schrittweise auf die Bedürfnisse der Organisation und der Lernenden maßgeschneidert werden.

Erfahren Sie mehr über die Messung von Personalentwicklungsmaßnahmen in unserem Blog über 3 Wege zur Effizienzanalyse betrieblicher Weiterbildung.

Bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand rund um das Thema Lernen und Skills

Agiles Lernen bietet eine hervorragende Möglichkeit, die Lern-Experience für Lernende attraktiver und besser auf das Individuum zugeschnitten zu gestalten. Dadurch werden Engagement und Nachhaltigkeit von den Trainings gesteigert. Wenn die Lernenden für sie passende Inhalte kuratiert bekommen, steigert das die Aufmerksamkeit und die Chance, die neu erlernten Fähigkeiten in der Praxis auch anzuwenden. Es gibt aber auch noch viele andere neue Trends und Methoden, die in der L&D Welt anzuwenden sind, um das eigene Lernprogramm immer weiter zu verbessern. Melden Sie sich deshalb für unseren Newsletter an, mit dem Sie Neues, Aufregendes sowie Lehrreiches entdecken können.

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